Der Koran – Ein unnachahmbares Meisterwerk
Der Koran ist das “heilige” Buch der Muslime. Die Heiligkeit der Schrift begründet sich damit, dass er als göttliche Offenbarung gilt, die dem letzten Propheten Mohammed (F.s.m.I.) binnen 23 Jahre durch den Erzengel Gabriel von Allah überliefert wurde. Dabei ist wichtig und betonenswert, dass der Koran als Gottes Wort (und nicht als Wort Mohammeds) nur in der originalen Offenbarungssprache arabisch gilt und eine absolute Gültigkeit hat. Allah ist der Sender, Gabriel der Bote und Mohammed der Empfänger.
Der Verfasser ist somit bekannt. Dafür, dass der Koran als ein Meisterwerk bezeichnet wird, soll vorliegend eine Darstellung erfolgen, warum er als Meisterwerk verstanden wird und wie der “Meister” sein Werk aufgebaut hat.
Der in arabischer Hochsprache verfasste Koran besteht aus insgesamt 114 Kapiteln (Sura). Jedes Kapitel hat einen eigenständigen Namen. So sind einige Kapitel nach Propheten benannt, wie z.B. Yusuf (Josef), Yunus (Jona), Ibrahim (Abraham) und Nuh (Noah). Andere Kapitel haben Tierbezeichnungen, wie z.B. die Biene (An – Nahl), die Ameise (An – Naml), die Spinne (Al – Ankebut), die Kuh (Al- Bakara) und der Elefant (Al- Fil).
Bemerkenswert ist auch das 19. Kapitel, die Sura Meryem (Maria). Dieses Kapitel ist nach der Mutter des Propheten Isa (Jesus) benannt und ihr gewidmet. Meryem ist die einzige Frau im Koran, die namentlich erwähnt wird und geniesst vor Allah den höchsten Stellenwert als Frau.
Der Koran beinhaltet verschiedene Themenbereiche. So werden Themen wie die Schöpfungsgeschichte, die Erschaffung des Menschen, Prophetengeschichten, Verbote und Gebote, Parabeln und Weisheiten bearbeitet.
Da der Koran in arabischer Sprache verfasst ist, kann er nur in einer ungefähren Bedeutung in andere Sprachen sinngemäß wiedergeben werden. Allerdings ist eine hundertprozentige Übersetzung aufgrund der begrenzten Übersetzungsmöglichkeiten nicht möglich.
Der Koran hat seinen eigenen Stil. Er ist nicht ein einfach strukturierter Text, sondern in einer bestimmten Art und Weise aufgebaut. Seine Verse sind unterschiedlich lang. Dabei sind einige Verse sehr klar, offen und leicht verständlich dargestellt. Andere Verse sind hingegen nicht eindeutig und deshalb auslegungsbedürftig.
Auffallend ist hierbei die “dichterische Schönheit” des Koran, die mit dem Wort “belaga” bezeichnet wird. So findet man im Koran verschiedene poetische Merkmale. Viele Verse enden mit Reimen (Endreime). Darüber hinaus kennt der Koran rhetorische Fragen und Metaphern.
Reime
Reime und Wiederholungen kommen im Koran an verschiedenen Stellen vor. Es werden teilweise Wörter hintereinander wiederholt; Dakkan dakka; Saffan saffa. (Kapitel: Die Morgendämmerung, Suret-ul Fajr; 89: 21, 22). Durch diese Wortwahl und Reihenfolge bekommt der Koran eine unheimliche Dynamik und die Rezitation, aber auch das Auswendiglernen, wird dem Leser dadurch deutlich erleichtert. Beispiele zu den Reimen sind die Endungen in den Kapiteln Ihlas, Felaq und Nas, den letzten drei Kapiteln des Korans (Kapitel 112, 113, 114).
Rhetorische Fragen
Rhetorische Fragen kommen im Koran ebenfalls an diversen Stellen vor. Rhetorischen Fragen sind Fragen, dessen Antworten im Grunde genommen feststehen, die nur um der Bestätigung willen gestellt werden und den Menschen zum Nachdenken verleiten sollen. Folgende rhetorische Fragen kommen im Koran vor.
“Sind diejenigen, die wissen gleich denjenigen, die nicht wissen?” (Az – Zumar, 39:9)
“Ist der Blinde gleich dem Sehenden?” (Al – Anam, 6:50; Ar – Rad, 13:16)
“Ist die Finsternis gleich dem Licht?” (Ar – Rad, 13:16)
Die Antworten auf diese Fragen sind selbstverständlich von verneinender Natur. Auf diese Art und Weise fordert Allah die Menschen dazu auf, sich über diese von ihm gegebenen Vergleiche Gedanken zu machen.
Metaphern
Eine andere Konstruktion sind die im Koran ebenfalls häufig vorkommenden Metaphern. Metaphern sind bildliche Darstellungen von Sachen. Allah verwendet in seinem Buch bildliche Beschreibungen und gestaltet bzw. schmückt die Inhalte mit diesen Metaphern aus. Einige wichtige Metaphern, die im Koran erwähnt werden, lauten wie folgt:
– “Die Hand Allahs (Gottes)” (Ali Imran, 3:73; Al – Fath, 48:10; Al – Hadid, 57:29)
Damit ist natürlich nicht die physische Hand Gottes gemeint, sondern seine Kraft und
Macht.
– “Das Seil Allahs (Gottes)” (Ali Imran, 3:103)
-“Die Farbe Allahs (Gottes)” (Al – Bakara, 2:138)
-“Allah (Gott) ist das Licht der Himmel und Erde. Das Gleichnis seines Lichtes ist das einer Nische, in der eine Lampe ist. Die Lampe ist in einem Glas. Das Glas ist, als wäre es ein funkelnder Stern. Ihr Brennstoff kommt von einem gesegneten Baum, einem Ölbaum, weder östlich noch westlich, dessen Öl beinahe schon Helligkeit verbreitete, auch wenn das Feuer es nicht berührte. Licht über Licht…” (An – Nur, 24:35)
-“Wir (Allah) sind ihm (dem Menschen) näher als seine Halsschlagader” (Qaf, 50:16)
-“Und wenn auch das, was es auf Erde an Bäumen gibt, Schreibröhre wären und das (gesamte) Meer und danach sieben weitere Meere als Nachschub (Tinte wären), würden die Worte Allahs nicht zu Ende gehen, denn Allah ist Allmächtig und Allweise” (Lukman, 31:27)
Fragen, die eine Aufforderung beinhalten
Diese Art von Fragestellung kommt meistens am Ende eines Verses vor. In diesen Fragen ist gleichzeitig die Aufforderung beinhaltet, dass zu tun, was Inhalt der Frage ist.
– “Denkt ihr denn nicht nach?” / “Denken sie nicht nach?”
Damit ist gemeint: Ihr sollt/ sie sollen nachdenken!
-“Sind sie denn nicht dankbar?”/ “Seid ihr denn nicht dankbar?”
Damit ist gemeint: Ihr sollt/ Sie sollen dankbar sein.
-“Wisst ihr denn nicht?”/ “Wissen sie denn nicht?”
Damit ist gemeint: Ihr sollt/ sie sollen wissen.
Mit diesen Beispielen wurde gezeigt, welche “poetischen” Konstruktionen im Koran vorkommen. In arabischer Originalschrift lässt sich der Koran selbstverständlich ganz anders wahrnehmen und empfinden. Er ist weder nachahmbar, noch vergleichbar. Deshalb ist es durchaus angebracht, den Koran als ein Meisterwerk, nämlich das Werk Gottes zu bezeichnen.
Selma Öztürk
oeztuerk.s@gmx.de
Publiziert in der Ayasofya 34 2011