Das Geheimnis des Glücklichseins
Bist Du gerne unglücklich? Wahrscheinlich nicht! Schließlich will jeder Mensch am liebsten glücklich und zufrieden sein. Doch das ist oft leichter gesagt als getan.
Wann bist Du überhaupt glücklich?
Das Gefühl des Glücklichseins umgibt Dich meistens, wenn Du gerade in irgendeiner Sache Erfolg hast: Sei es eine gute Klassenarbeit in der Schule, ein gelungenes Projekt im Job. Sei es, dass Du Dich nach dem Sport gesünder und ausgeglichener fühlst. Oder Du hast einmal wieder richtig lecker gegessen. Nicht zu vergessen all die schönen Momente, in denen Dir jemand ein Geschenk gemacht hat. Die Liebe zu einem anderen Menschen wird von vielen als das größte Geschenk überhaupt genannt. Hier fühlst Du Dich geborgen, sicher und bist glücklich.
Es können auch die kleinen Dinge sein, die uns richtig glücklich machen!
Fliegen wir gedanklich nach Bangladesch, in eines der ärmsten Länder der Welt. Auf einem grünen Hügel, in den Ruinen eines alten buddhistischen Klosters sitzt eine ältere Frau und verfolgt einen malerischen Sonnenuntergang. Das, was sie trägt, sind eher Fetzen als Kleidung. Sie ernährt sich von – wenn es gut läuft – zwei Mahlzeiten am Tag. Auf die Frage, ob sie glücklich sei, antwortet sie: „I am happy, very happy!“ Sie habe schließlich einen Sohn und auch sonst sind es die kleinen Dinge, wie eben jene zwei Malzeiten, die sie zufrieden stellen. Bitterarm und dennoch glücklich! Dies ist in dem Land, von dem Du es vermutlich kaum erwartet hättest, keine Seltenheit. Die Menschen in Bangladesch gelten als die glücklichsten weltweit!
Szenenwechsel: New York, Wall Street. Ein junger Broker eilt aufgeregt auf dem Börsenparkett umher. Ständig das Handy am Ohr. „Verkaufen, verkaufen“, schreit ihm ein nervöser Anleger in den Hörer. Der junge Broker verdient dabei selbst nicht schlecht. Ein wunderschönes Apartment inmitten von Manhattan und einen Ferrari besitzt er auch schon. Dennoch häuft sich immer mehr Arbeit. Immer mehr Druck. Er fühlt sich eingeengt, ausgebrannt. Der ganze Stress um ihn herum zieht ihn schließlich wie ein mächtiger Strudel zu Boden. Ist der Mann glücklich? Wohl kaum! Was nützen ihm Ferienhäuser in der Karibik und eine Garage voller Ferraris und Bentleys, wenn er keine Zeit dafür hat?
Geld allein macht bekanntlich noch nicht glücklich. All das Materielle ist schön und gut und Du willst – wie so ziemlich jeder Mensch – natürlich finanziell abgesichert sein. Doch Du weißt auch, dass das Totenhemd keine Taschen hat. Was also steckt hinter dem Glücklichsein?
Endorphine und Dopamin
Der Mediziner würde sagen: „Immer wenn in Deinem Körper Botenstoffe wie Dopamin oder Endorphine freigesetzt werden, spürst Du das Gefühl vom Glück.“ Dopa… was? Diese ganzen neurosomatischen Begriffe hören sich ganz schön kompliziert an. Doch haben die Mediziner eine Antwort auf die ganz wesentlichen Fragen des Menschseins?
Wer bist Du überhaupt?
Machen wir also eine kleine Reise ins „Ich“:
Auf dieser Welt scheint Deine Rolle klar: Du bist Mensch und ein Subjekt. Als Mensch bist Du rein biologisch gesehen ein Säugetier, ein homo sapiens sapiens, hast Hunger, Durst und willst Dich irgendwann fortpflanzen. Verglichen mit der langen Weltgeschichte (über 4 Mrd. Jahre!) ist Deine Lebenszeit kaum ein Staubkorn auf dem Rad der Zeit. Dir ist aber auch bewusst, dass Du einmalig bist. Dich hat es so in all den Weltzeitaltern noch nie gegeben und es wird Dich so auch nie wieder geben. Du bist etwas ganz besonderes und Du bist Dir dessen bewusst, also hast Du ein Selbstbewusstsein. Du weißt, dass Du, Du bist! Klingt banal, ist aber so. Wenn Du Schmerz empfindest, weil Du Dich gerade in den Arm kneifst, spüre ich den Schmerz nicht, sondern nur Du selbst! Aber warum ist das so? Warum bist Du genau Du, also in Deinem Körper und nicht in meinem? Eine Frage, bei der Du und ich an unsere Grenzen stoßen. Hier helfen medizinische Fachtermini und Erklärungsversuche kaum weiter, da dieses Phänomen mit den Mitteln der Wissenschaft kaum erklärbar ist.
„Nobody is perfect“
Eine bekannte Weltweisheit besagt: nobody is perfect. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer: Kein Mensch, weder Du noch ich, noch sonst irgendwer ist perfekt, also absolut. Dann muss es etwas Absolutes geben, auf das Du Dein Sein zurückführen kannst. Etwas Absolutes, was der Grund dafür ist, dass Du ausgerechnet Du bist und Dein Geist in Deinem und nicht in meinem Körper steckt. Doch was mag dieses schwer greifbare „Absolute“ sein? Auf der einen Seite kann es als Unerklärliches hingenommen werden. Du könntest es schlicht Zufall nennen. Auf der anderen Seite kannst Du darin eben die letzte Ursache allen Seins sehen – wie es gläubige Menschen tun: Gott!
Du nimmst es hin, dass Du nicht alles kannst. Du akzeptierst, dass Du bei der Frage nach Deinem allerersten Ursprung nicht weiter kommst und kannst eben darin etwas Göttliches sehen. So erkennst Du Deinen Bezug zu Gott und bist Dir deshalb auch im Klaren, dass Du selbst einen göttlichen Kern besitzt, weil Gott es schließlich war, der die letzte Ursache für Dein Sein ist. Also bist Du nicht perfekt und doch in gewisser Weise göttlich! Dein Leben ist ein Geschenk. Du musst folglich nicht in allem gut sein! Das kann schließlich niemand. Du brauchst Dich gar nicht unter extremen Druck setzen lassen. Es ist eine Kunst, „Nein“ sagen zu können. Und ab und an solltest Du davon Gebrauch machen. Bau Dir auch nicht selbst Druck auf, indem Du Dich ständig mit anderen vergleichst. Schau auf Dich und mach Dein Ding.
Wenn das so einfach sein soll, kannst Du nun fragen, warum Du in gewissen Situationen dennoch unglücklich bist.
„Hätte, hätte, Fahrradkette“ bringt Dich nicht weiter
Lass uns gemeinsam einen Blick auf Gründe werfen, warum Du auch an der ein oder anderen Stelle in Deinem Leben nicht glücklich warst: Es waren oft Momente der Enttäuschung, wenn Du verlassen und allein warst. Es waren Momente der Trauer, in denen Du geweint hast. Es waren Momente der Wut, in denen Du geflucht hast. Und fast immer waren es andere Menschen, die Dir Leid zugefügt haben: Wenn Du beleidigt oder allein gelassen/verlassen wurdest. Ganz entscheidend ist, wie Du genau mit diesen Erlebnissen umgehst. Reine Verdrängung wird Dir oft nicht weiter helfen.
Lass diese Erlebnisse zu, reflektiere sie, lerne aus ihnen, aber lass sie irgendwann auch los. Selbst mit den Steinen, die man Dir in den Weg legt, kannst Du etwas Schönes bauen. Mache das Beste daraus! Je länger Du Dich nämlich in eine Phantasiewelt zurückziehst und traurige Situationen Deines Lebens immer und immer wieder durchlebst, desto schwieriger wird es für Dich, positiv zu denken. Zu oft verbindest Du dann deine Mitmenschen mit etwas Negativem. Versuche aber einmal in dem Menschen, der Dir Leid angetan hat, das zu sehen, was Du selbst bist: Ein nicht perfekter Mensch. Statt Abneigung oder Hass zu empfinden, ist Mitleid mit solch armen Menschen um einiges angebrachter. Denn sie sind wirklich arm.
Think positive!
Natürlich hat alles seine Zeit, so auch die Momente der Trauer und der schlechten Laune. Dir ist aber sicherlich klar, dass Du in jedem Moment, in dem Du schlecht gelaunt bist, Dich nicht gut fühlst und logischerweise nicht glücklich bist. Letzen Endes bringt Dir die schlechte Laune nichts und ebenso wenig Deinen Mitmenschen, wenn Du völlig gestresst, entnervt und kraftlos bist. Dabei ist es gar nicht schwer, die Phasen des Miesmuts gut zu überwinden. Eine positive Einstellung kann Wunder wirken. Also think positive: Versuche einmal, Dir die positiven Erlebnisse aus Deinem Leben hervorzukramen. Vergewissere Dich einfach der Erfolge, die Du in Deiner Lebensgeschichte zu Buche stehen hast. Und das sind sicherlich einige, selbst wenn es nur Erfolge in kleinen Dingen sind. Es bleiben dennoch Erfolge! Du wirst direkt spüren, dass Du Dich bei diesen Gedanken glücklicher fühlst.
Ein Gefühl des Glücks entsteht auch dann, wenn Du mit Dir im Reinen bist. Du hast es gar nicht nötig eine Maske zu tragen. Denn wenn Du ein reines Gewissen hast, dann weißt Du genau, dass Du dich selbst vollzogen hast. Du hast genau das getan, was mit Deinem Gewissen vereinbar ist, mit Deinem Grundverständnis von Wahrheit. Und diese Wahrheit ist die Liebe. Handle also aus Liebe heraus. Wie schon die Goldene Regel besagt, „Was Du nicht willst, das man Dir tut, das füg‘ auch keinem Ander’n zu“, so sollten wir einander begegnen: Siehe einfach in Deinem Nächsten ein anderes „Du“. Du und der andere, ihr seid beide Subjekte. Wenn Du es schaffst, ihn so zu akzeptieren, wie Du Dich selbst akzeptierst, dann kannst Du ihn auch lieben wie Du Dich selbst liebst. Eine solche Einstellung eröffnet Dir eine viel intensivere und ernstere Wahrnehmung des „Anderen“. Im „Anderen“.
Betrachte Dich selbst, Dein Leben und all die schönen Dinge auf der Welt als ein Geschenk. Siehe all die guten Werke und Erfolge, die Du in Deinem Leben bereits vollbracht hast. Schaue mit Dankbarkeit, Stolz und Freude darauf. Ein Leben in diesem Bewusstsein wird Dich mehr erfüllen!
Dann ist es auch nicht verwunderlich, dass Menschen, die in Armut leben – wie die Frau aus Bangladesch – trotzdem glücklich sind.
Die richtige Einstellung ist bekanntlich die halbe Miete. Und nicht anders ist es mit dem Glücklichsein: Think positive!
Ganz zum Schluss: Glücklichsein in 10 Sekunden…
Denke einmal an zwei oder drei positive Erlebnisse – Positives, was Du schon erreicht hast (Schulabschluss oder Freund/in, Familie, Erfolge in der Schule, beim Sport, im Job usw.) – in Deinem Leben. Zähle nun von Drei herab: 3…2…1… Glücklich (und immer dran denken: Die Mundwinkel sind die Schalter zum Glück. Also hoch damit!)
Michael Sendker
michael_sendker@yahoo.com
Publiziert in der Ayasofya 37, 2011