Gott befiehlt Gerechtigkeit
Die wahre Gerechtigkeit, wie Gott sie im Quran befielt,
ist eine Herrschaft der Gerechtigkeit, in der niemals ein
Unterschied zwischen den Menschen gemacht wird,
die Rechte des einzelnen geschützt werden,
Tyrannei niemals vergeben wird, Stellung für
diejenigen Bezogen wird, die Grausamkeit
erleiden und jedem die Hand gereicht
wird, der bedürftig ist.
Diese Gerechtigkeit schützt, wenn ein Urteil gefällt werden
muss, die Rechte beider Parteien und bewertet das
entsprechende Ereignis aus verschiedenen Blickwinkeln.
Es beinhaltet vorurteilsfreies Denken, Unparteilichkeit,
Gerechtigkeit, Ehrlichkeit, Toleranz, Barmherzigkeit und
Sanftmut. Wenn eines davon fehlt oder einem davon
das Hauptgewicht eingeräumt wird, ist es schwer,
wahre Gerechtigkeit walten zu lassen.
Wenn ein Ereignis nicht nüchtern bewertet wird,
sondern Emotionen und Gefühle dabei im Spiel
sind, kann der Mensch kein gesundes Urteil
fällen und diese Gefühle werden in das
Urteil einfließen. Dennoch muss jemand,
der Rechtsprechen soll, seine eigenen
persönlichen Gefühle hintanstellen
und sich den Hilfesuchenden gegenüber
gerecht verhalten, unter allen
Bedingungen und Umständen auf
Seiten der Wahrheit stehen,
niemals ein Zugeständnis in
Bezug auf Ehrlichkeit und
Wahrheit machen und die Moral
d e s Quran für sich als Wegweisend
annehmen. Die Person muss über eine solche Moral verfügen,
dass sie die Gegenseite über den persönlichen Gewinn
stellt und selbst wenn sie selber einen Schaden erleiden
sollte gerecht sein, sollte die Gegenpartei das Recht auf ihrer
Seite haben.
„O ihr, die ihr glaubt! Steht in Gerechtigkeit fest, wenn
ihr vor Gott bezeugt. Der Hass gegen (bestimmte) Leute
verführe euch nicht zu Ungerechtigkeit. Seid gerecht,
das entspricht mehr der Gottesfurcht. Und fürchtet
Gott. Siehe, Gott kennt euer Tun”. (Sure al-Ma’ida, 8)
Wie im dem Vers beschrieben, weiß Gott alles, was wir tun.
Eine Person, die Gott fürchtet und weiß, dass ihr am Tag
des Jüngsten Gerichts Rechenschaft abverlangt werden
wird, lässt Gerechtigkeit walten, um das Wohlwollen Gottes
zu erlangen. Sie weiß, dass Gott alle ihre Taten, Worte und
Gedanken am Tag des Letzten Gerichts hinterfragen wird
und dafür ohne Ausnahme was sie verdient erhalten wird.
Daher muss der Mensch vollständig nach der Moral des
Quran leben, um die Barmherzigkeit Gottes zu erlangen, den
Qualen der Hölle zu entkommen und die Wohltaten Gottes
zu erfahren. Jeder einzelne Mensch muss sich persönlich
dafür einsetzen, diese Moral zu erreichen, alle egoistischen
Wünsche und persönlichen Gewinn hinter sich lassen und
seinen Weg gerecht, barmherzig, tolerant, gütig und friedlich
fortsetzen.
Gott hat die wahre Gerechtigkeit im Quran erklärt und offengelegt,
dass jede Art von Konflikten dadurch gelöst werden
kann, dass die Gerechtigkeit
siegt. Eine Gesellschaft, die
sich aus gerechten Führern
und gerechten Menschen
zusammensetzt, kann jede
Art von Auseinandersetzung
leicht lösen. Im Quran ist
die Gerechtigkeit vollständig
erklärt und bekannt
gegeben, wie Gläubige mit
den Ereignissen, mit denen
sie konfrontiert werden, umgehen sollen und wie sie die
Gerechtigkeit anzuwenden haben. Das ist eine große
Erleichterung für die Gläubigen und eine große Gnade,
die Gott ihnen gewährt. Deswegen müssen die Gläubigen
sowohl danach streben Gott zufrieden zu stellen, als auch
die Verantwortung tragen, dass sie ein Leben in Frieden,
Sicherheit und Wohlbehagen führen können, indem für alle
Menschen gleichermaßen Gerechtigkeit herrscht.
Gerechtigkeit muss ungeachtet der Sprache, Rasse oder
Ethnie auf alle Menschen gleich angewendet werden
Wenn wir die Entwicklungen auf der Welt betrachten, so
können wir bezeugen, dass Gerechtigkeit abhängig von Ort,
Zeit und Person unterschiedlich angewendet wird. In einigen
Gesellschaften beispielsweise beeinflusst die Hautfarbe eines
Menschen diejenigen, die für Gerechtigkeit sorgen sollten.
Für dieselbe Tat erhalten ein Weißer und ein Schwarzer unterschiedliche
Urteile. In einigen Gesellschaften spielt die Rasse
eine große Rolle. Ein Beispiel dafür findet sich im vergangenen
Jahrhundert. Hitler sah die arische Rasse als den anderen
Rassen überlegen an und wollte Millionen von Menschen
nur aufgrund ihrer Rasse ermorden. Auch heute werden
Menschen aufgrund ihrer Rasse oder Hautfarbe benachteiligt
oder ungerecht behandelt. In den USA und Südafrika
wurden Schwarze jahrelang als Rasse zweiter Klasse behandelt.
In vielen asiatischen und afrikanischen Ländern kam es
zu heftigen Auseinandersetzungen, ausschließlich wegen
ihrer unterschiedlichen Rassen. Dabei steht im Quran, dass
einer der Gründe, warum unterschiedliche Völker und
Stämme erschaffen wurden, darin liegt, dass die Menschen
sich „gegenseitig kennen lernen“ sollen. Sie alle sind die
Sklaven Gottes und die verschiedenen Völker oder Stämme
sollen sich gegenseitig kennen lernen, also ihre unterschiedlichen
Kulturen, Sprachen, Bräuche und Fähigkeiten. Das Ziel,
wenn unterschiedliche Rassen und Völker aufeinander treffen
besteht nicht im Krieg und Kampf, sondern im kulturellen
Reichtum. Diese Vielfalt stellt eine der Schönheiten in Gottes
Schöpfung dar. Dass einige Menschen größer sind, einige weiß
und manche gelb, ist nicht Zeichen von Überlegenheit über
den Anderen und das Andere darf nicht als Mängel bewertet
werden. Jeder einzelne
ist nach Gottes Ebenbild und
mit großer Weisheit erschaffen.
Doch diese Unterschiede
haben vor Gott keinerlei
Bedeutung. Jeder Gläubige
weiß sehr wohl, dass die einzige
Erhabenheit des Menschen
in der Frömmigkeit liegt, also
in der Ehrfurcht vor Gott und
in der Erhabenheit im Glauben.
Gott lässt uns diese Tatsache in der Sure al-Hudschurat, auf
diese Weise erfahren: O ihr Menschen! Wir erschufen euch
aus einem Mann und einer Frau und machten euch zu
Völkern und Stämmen, damit ihr einander kennenlernt.
Doch der vor Gott am meisten Geehrte von euch ist der
Gottesfürchtigste unter euch. Gott ist fürwahr wissend,
kundig. (Sure al-Hudschurat, 13) Wie der Vers uns wissen
lässt, kennt das Gerechtigkeitsverständnis, welches Gott
befielt, keinerlei Diskriminierung und jeder Mensch muss in
den Genuss von Gleichheit, Toleranz und Friede kommen.
Auch unser Prophet Muhammad (s.a.w.s) hat sich in seiner
Zeit immer sehr gerecht den Völkern anderer Rassen gegenüber
verhalten. Er hat es zu jeder Gelegenheit auf das
schärfste kritisiert, wenn Menschen aufgrund ihrer Rasse eine
unterschiedliche Behandlung erfahren haben und hat diese
Moralauffassung als „ungebildete Moral“ bezeichnet. Unser
Prophet hat daran erinnert, dass ungebildete Gesellschaften
Feindschaft gegen Menschen hegen, die sich lediglich in der
Hautfarbe oder der Rasse unterscheiden und die Muslime
im Quran dazu aufgerufen, von diesem hässlichen Verhalten
Abstand zu nehmen. Der Quran wurde dem Menschen vor
1400 Jahren mit Hilfe unseres Propheten Muhammad (s.a.w.s)
als Segen geschickt.
Die primitive Logik wurde durch den Quran aufgehoben
und bekannt gegeben, dass alle Menschen ungeachtet
der Farbe, Rasse oder Sprache, gleich sind. Unser Prophet
(s.a.w.s) hat denjenigen, die der Einfachheit halber weiterhin
die Menschen nach ihrer Rasse und Farbe bewerteten
und im ungebildeten Glauben verfangen waren, in seiner
Abschiedshutba an das arabische Volk folgendermaßen
gewendet: „Man sollte nicht mit seiner Abstammung prahlen.
Die Araber stehen nicht über den Persern, weil sie Araber
sind, genauso wenig wie die Perser über den Arabern stehen,
weil sie Perser sind. Denn vor Gott ist der am höchsten, der
Ihm gegenüber am frömmsten ist.“
Unser Prophet (s.a.w.s) hat mit diesen Worten ein weiteres
Mal die Menschen daran erinnert, was auch in dem 13. Vers
der Sure al-Hudschurat steht, nämlich dass ein Mensch über
einen anderen Menschen höchstens im Glauben erhaben
sein kann. Der Islam hebt diese altmodische Sichtweise, wie
es uns unser Prophet (s.a.w.s) hat wissen lassen, vollständig
auf. In einer Umgebung, in welcher nach der Islamischen
Moral gelebt wird, wird kein Mensch weil er Jude, Schwarzer
oder amerikanische Ureinwohner ist beschuldigt, anders
behandelt oder zum Opfer. Das liegt im Ermessen Gottes und
Gott hat jeden Menschen auf die schönste Art und Weise
geschaffen und ihm das schönste Antlitz verliehen. Man sollte
über jeden Menschen jederzeit gerecht, respektvoll, tolerant,
barmherzig, friedliebend und liebend denken.
Außerdem kann es eine aus dem Glauben regierte
Gerechtigkeit nicht beeinflussen oder verhindern, ob
ein Mensch reich ist oder arm. Es stellt eine sehr große
Ungerechtigkeit dar, wenn ein Mensch ausschließlich, weil
er über die finanziellen Möglichkeiten verfügt, anderen
Menschen Unrecht zufügen kann oder diese tyrannisieren
und dafür nicht bekommt, was er verdient. Doch wenn wir
heutzutage einige Staaten betrachten, dann bemerken wir die
Haltung, dass die Reichen geschützt werden und die Armen
eine Behandlung zweiter Klasse erfahren. Dementsprechend
profitieren einige Reiche eher von der Gerechtigkeit und
betrachten es auch als ihr Recht, sich über den Armen zu
sehen. Darüber hinaus arbeitet der Justizmechanismus
zu seinem eigenen Vorteil. Diese Haltung ist der Grund für
große Ungerechtigkeiten innerhalb von Gesellschaften, die
nicht auf Grundlage der Religion leben. Während ein Teil der
Menschheit gegen das große Elend kämpft, verwenden die
anderen ihre Vorteile, die sie durch Reichtum erhalten haben.
Doch trotz all dieser widrigen Umstände ist es möglich
Gerechtigkeit zu erhalten und ein Leben einzurichten, in
dem die Menschen in gesellschaftlichem Frieden zusammenleben.
Das ist möglich, wenn man die Moral des Quran
für gültig erklärt und die Menschen keine Zugeständnisse
an diese Wertvorstellungen machen. Denn Gott befiehlt in
einem Vers folgendes:
… Tretet für die Gerechtigkeit ein, wenn ihr vor Gott
Zeugnis ablegt, und sei es gegen euch selber oder euere
Eltern und Verwandten. Handele es sich um arm oder
reich, Gott steht euch näher als beide. Und überlasst
euch nicht der Leidenschaft, damit ihr nicht vom Recht
abweicht … (Sure an-Nisa, 135)
Wenn man diesem Befehl Gottes gehorcht, dann wird ein
Gläubiger, der vor Gott Ehrfurcht empfindet, in jedem Fall
Gerechtigkeit walten lassen, egal ob die Person ihm gegenüber
reich ist oder arm und egal was die Bedingungen sind.
Wegen der wirtschaftlichen Lage einer Person wird er sich
nicht anders verhalten. Denn er weiß, dass Reichtum oder
Armut vorübergehende Zustände in dieser Welt sind, die Gott
geschaffen hat, um den Menschen zu prüfen. Nach dem Tod
verlieren Geld und Güter eines Menschen jeden Wert, er wird
nur nach seinem Glauben bewertet. Das Verhalten, welches
Gott zufrieden stimmt, ist Gerechtigkeit, Rechtschaffenheit,
Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit. Für diese schönen Tugenden
erhält man das ewige Leben im Jenseits.
OKTAY KOCAMAN
Ayasofya Nr.59